Unsere Körper erzählen Geschichten, die von unseren Erfahrungen belegt werden. Die Medizin wiederum ist nicht nur die evidenzbasierte Wissenschaft, die sie zu sein vorgibt. Sie ist ebenso von gesellschaftlichen und kulturellen Einflüssen wie von wissenschaftlichen geprägt, denn sie ist eng mit dem Menschsein verwoben. Diese Bürde schleppt die Medizin bis heute mit sich herum: Schon seit der Antike gilt „die Frau“ aufgrund ihrer Abweichung vom männlich definierten idealen Körper als unvollkommen und ungenügend. Daraus entstand die Vorstellung, dass die weiblich gelesene Biologie von exzessiven Emotionen bestimmt werden würde, was weiblich gelesene Menschen wiederum zu vermeintlich aufmerksamkeitsheischenden, hypochondrischen Patient:innen degradierte. Mythen darüber, dass Frauen ihr Schmerzempfinden übertrieben darstellen würden, dass sie neurotisch oder gar „hysterisch“ seien, halten sich bis heute hartnäckig. Besonders gravierend wirkt sich dies auf gynäkologische Beschwerden und Behandlungen aus, die seit Jahrhunderten mit Scham, Sprachlosigkeit und Mythen verknüpft sind.

In Caroline Brünens Diplomausstellung „Songs of Sanity“ (2023, Fotografien, Audiowalk [25:30 Min.]) sprechen sieben Personen über ihre Erfahrungen bei gynäkologischen Behandlungen. Sie berichten von Machtmissbrauch, medical gaslighting und dem Gefühl, nicht gehört zu werden. Mittels Erfahrungsberichten und Porträts der Protagonist:innen stellt die Caroline Brünen die historisch gewachsenen Hierarchien in der Medizin in Frage und macht auf die Notwendigkeit einer patient:innenzentrierten, mitfühlenden Behandlung aufmerksam.

Caroline Brünen studierte Künstlerische Fotografie an der Kunsthochschule für Medien Köln (2017-2023). Ihre fotografischen Arbeiten sind dokumentarischer Natur und beschäftigen sich mit Fotografie im Zusammenspiel mit Text und Sound. Ein wiederkehrendes Motiv in ihren Projekten ist der Dialog mit ihren Protagonist:innen über gängige Klischees und der Versuch, diese zu dekonstruieren, sowie über Körperbilder, Rollenerwartungen und Repräsentation. Ihre Arbeiten wurden u. a. bereits im Goethe Institut Paris und in Kunsthafen Köln (Photoszene) gezeigt.