Opening: Bitter Harmony
Slinko ⁄ Céline Berger
Slinko und Céline Berger lernten sich im Oktober 2020 während einer Online-Residenz kennen. Sofort entdeckten sie eine starke persönliche und künstlerische Verbindung und begannen, sich virtuell zu treffen. Vier Jahre später setzen sie ihre zweiwöchentlichen Online-Atelierbesuche noch immer fort, um einander zu unterstützen und sich Feedback zu geben. Obwohl sie unterschiedliche Hintergründe haben, teilen Slinko und Berger die Erfahrung, in utopischen, aber letztlich gescheiterten Gesellschaften gelebt zu haben, sowie ein tiefes Interesse an den sozialen, strukturellen und körperlichen Dimensionen der Arbeit.
Für ihre Ausstellung „Bitter Harmony“ vereinen Berger und Slinko zwei scheinbar gegensätzliche Bilder: idyllische Szenen einer französischen Kommune der 80er Jahre und eine postindustrielle, kriegszerstörte Landschaft. Mit der Zusammenführung dieser Themen in einem Raum untersuchen beide Künstlerinnen die konsumorientierten Dimensionen sozialer Kohäsion und die Reaktion der Natur auf extraktivistische Hinterlassenschaffen.
In Bergers Makramee-Arbeiten werden Bilder vom Beisammensein der Gemeinschaft zerschnitten und dann sorgfältig wieder zusammengefügt. Sie hängen im Raum als Dokumente der mühsamen Arbeit, die erforderlich ist, um sozialen Konsens zu schaffen, der oft von konkurrierenden Kräften zerrissen wird. Die Bilder verflechten sich in einem System aus komplizierten Wendungen und Verstrickungen—Allianzen, Verhandlungen, Kompromissen und Überzeugungen—innerhalb einer Gemeinschaft, die bestrebt ist, sich eine andere Welt zu schaffen. Unter Anspielung auf ihre persönliche Erfahrung, in einem solchen sozialen Experiment gelebt zu haben, hebt Berger die inneren Spannungen hervor, die menschliche Beziehungen sowohl verbinden als auch auseinanderreißen. Durch diese Webarbeiten verwischen idyllische Visionen und persönliche Erinnerungen die Grenzen zwischen Wünschen und Enttäuschungen, Errungenschaften und Misserfolgen.
Slinkos überspitzte und vergrößerte Studien von Unkraut gehen einen Dialog mit den gewebten Bildwerken ein. Sie fügen eine neue Dimensione hinzu: inspiriert durch den Zusammenbruch der Sowjetunion, ihre Kindheit in der stark vom Bergbau gezeichneten Donbass-Region und die ökologischen Katastrophen des aktuellen Krieges in der Ukraine, stellt Slinko die Natur nicht als fügsam oder wohlwollend dar, sondern als ein machtvolles Potenzial, welches mit bedrohlicher Kraft zurückzuschlagen kann. Große, geschweißte Stahlmodelle von Unkräutern wie Stierdistel, Gänsedistel und Samtpappel breiten sich über den Galerieboden aus. Diese Pflanzenformen, die Sprengfallen ähneln, liegen auf der Lauer und versinnbildlichen ihr Potenzial zur biologischen Bodensanierung und zur Bekämpfung von Bodenerosion in einer Landschaft, die von den toxischen Hinterlassenschaften des Bergbaus und des Krieges gezeichnet ist.
„Bitter Harmony“ bietet dem Publikum Raum, um über die Zerbrechlichkeit des Gleichgewichts zwischen widersprüchlichen menschlichen Bedürfnissen nachzudenken und deutet an, wie viel Arbeit es bedarf, um sozialen Zusammenhalt zu schaffen und zu erhalten. Auch nicht-menschliche Akteure, wie Pflanzen, werden in den Dialog einbezogen, mit Werken die die Fähigkeit der Natur unterstreichen, sich anzupassen, zu entwickeln und auf unsere Handlungen zu reagieren.
BIOS
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Die französische Künstlerin Céline Berger lebt und arbeitet in Köln, Deutschland. Ausgebildet in Physik und Materialwissenschaften, arbeitete sie von 1997 bis 2008 als Produktions- und Projektingenieurin für verschiedene internationale Mikroelektronikunternehmen. Seit 2009 ist sie als Künstlerin aktiv und schloss 2012 ihr Studium an der Kunsthochschule für Medien Köln ab. 2012-13 war sie Stipendiatin an der Rijksakademie van beeldende kunsten in Amsterdam. In ihren Objekten, Videos und Installationen untersucht Céline Berger das Berufsleben. Ihre Arbeiten konzentrieren sich hauptsächlich auf alltägliche Routinen, kleine Gesten oder Verhaltensmuster, die unser tägliches Leben prägen. Sie versteht ihr künstlerisches Schaffen als Suche nach neuen Wegen, das Konzept von Arbeit zu hinterfragen – jenseits von Vereinfachungen, Ironie, moralisierendem Unterton oder Fatalis mus.
Slinko, geboren in der Ukraine, ist eine multidisziplinäre Künstlerin, die derzeit in den Vereinigten Staaten lebt. Ihre Praxis umfasst eine breite Palette von Medien, darunter politische Satire, Zeichnung, bewegte Bilder, Performance, Druckgrafik und Grafikdesign. Ausgehend von ihren Erfahrungen, die sie in der ostukrainischen Region Donbas in den letzten Jahren der Sowjetunion gemacht hat, verbindet Slinko persönliche Geschichte mit wissenschaftlicher Erkenntnisse. Stark bewusst der Tatsache, in welchem Maße Desillusionierung und Enteignung ihre eigene Lebenserfahrung prägen, betont Slinko Resilienz, Hoffnung und Humor, um der persönlichen Handlungsfähigkeit greifbare Formen zu verleihen.
LINKS:
https://www.studioslinko.com
https://www.celineberger.com