Mit unterschiedlichen Medien nähert sich die Ausstellung “Majnoon Field” ihrem zentralen Thema, dem Majnoon-Ölfeld im Südirak. Das Ölfeld Majnoon („verrückt“ auf Arabisch) wurde in den 1970ern von einem brasilianischen Schürferteam entdeckt und zeugt von der entfesselten, unersättlichen Gier nach Kapital – tatsächlich wurde die Produktionsleistung bereits für die nächsten hundert Jahre im Voraus berechnet. Aber das Ölvorkommen erstreckt sich auch entlang der minenreichen Grenze zum Iran, in einer Zone, in der sich die Erdölgewinnung durch große Konzerne und internationaler Waffenhandel immer wieder in einem kriegerischen Szenario zu verschwören scheinen.

Als Ausstellung möchte “Majnoon Field” die größeren, planetaren Zusammenhänge verstehen. Beim Betreten des Raums erinnern Skulpturen an einen Palmenhain im Schatten der Verunreinigungen; daneben Tonaufnahmen von „Erdarbeiter_innen“, die sich zum Dienst melden; im Vorführraum dokumentiert ein Video das Geschehen in den Sümpfen des Südens und den daran angrenzenden Ackerflächen – am Horizont brennende Ölquellen; an wieder anderer Stelle wird eine innere Landschaft mit skulpturalen Zeichen für das Denken, Fühlen, Lieben, Erinnern – also einfach für das Bewohnen – verknüpft. Die Ausstellung lädt das Publikum zum Eintauchen ein.

Rheim Alkadhi ist eine interdisziplinäre Künstlerin, die unter unbeständigen Bedingungen konstant zwischen sich verändernden kulturellen und sozialen Kontexten arbeitet. Auf poetische Weise eröffnet sie vielschichtige Perspektiven auf Ökologie, Grenzen, Migration, Genderthematiken und die Intimität sozialer Beziehungen, die Sehgewohnheiten hinterfragen. Alkadhi wurde in New York geboren, sie lebte im Irak und in den Vereinigten Staaten. Sie absolvierte ein Studium an der University of California in Irvine und an CalArts in Valencia, erhielt zahlreiche Stipendien und nahm an vielen Artist-in-Residence-Programmen teil, u. a.: Recherchestipendium / Berliner Senat (2019), Mophradat / Brüssel (2017), Rockefeller Foundation / Bellagio Center (2017), Ramallah Municipality in der West Bank (2016), Autonomes Cultur Centrum [ACC] in Weimar (2016), A.i.R Art Dubai, al-Bastakiya (2015), Akademie Schloss Solitude in Stuttgart (2015), Al-Riwaq Art Space in Manama (2014), Sharjah Art Foundation in Sharjah (2014), Al Ma’mal / Riwaq in Jerusalem & West Bank (2012) und Townhouse Gallery in Kairo (2009). Ihre Arbeiten waren u. a. in folgenden Kunsträumen und Biennalen zu sehen: Galerie KUB in Leipzig (2017), Württembergischer Kunstverein in Stuttgart (2017), Shanghai Biennale (2016), Sharjah Biennale (2015), 8th Asia Pacific Triennial / Queensland Art Gallery in Brisbane (2015), Grimmwelt Museum in Kassel (2015), New Museum in New York (2013, 2014), Apex Art in New York (2013), dOCUMENTA 13 (2012), Jerusalem Show (2012), Akbank Art Center in Istanbul (2012), Kunsthaus Graz (2011), Para/Site in Hongkong (2011), Cairo Biennale (2010). Ihre jüngsten Aktivitäten umfassen Feldforschung über verschiedene Diaspora-Gemeinschaften sowie Live-Präsentationen, z.B. „Mosul Vapor” im Kunstgebäude Stuttgart (2017), „Our Current Dwelling Is Fire” in der Sharjah Art Foundation (2018), und „Material Communities: Objects We Arrange in the Energy Field” auf dem OBI-Parkplatz in Berlin-Neukölln (2018). Ihre Textarbeiten sind etwa im aktuellen Katalog zu Natascha Süder Happelmanns deutschem Pavillon auf der Biennale Venedig enthalten, und demnächst erscheint in Third Text der Artikel „The Injustice of the Colonial: A Museology to Rage the Senses”. Die Künstlerin ist zurzeit in Berlin ansässig.

Die Ausstellung ist die erste Einzelausstellung von Rheim Alkadhi in Europa. Sie wird begleitet von einem öffentlichen Programm, einem Katalog und einer Kurzgeschichte von Haytham El-Wardany.

Kuratorin: Aneta Rostkowska