baby's breath

Opening via Instagram 29.04.2021 www.instagram.com/projectspace_stroma

Das Geflecht des Projektraumes STROMA gelangt auf die Mittelinsel der Alten Feuerwache und sendet die Künstlerin Thea Mantwill für M20.

Anlass für die Kooperation zu „baby's breath“ ist nicht zuletzt die gemeinsame Vorliebe, jedwede Form von Plätzen als Plattform für künstlerische Happenings zu okkupieren.

Die Installation ist Teil der öffentlich zugänglichen Reihe M20, kuratiert von Heike Simmer in Kooperation mit STROMA.

Baby's breath ist die englische Bezeichnung für das Rispige Gipskraut, besser bekannt als Schleierkraut, welche als Zierpflanze kultiviert wurde und oft als Beigabe in Blumensträußen verwendet wird. Die flockigen Blüten, welche in weiß und rosa auftreten können und in ihrer Erscheinung eine stringente Regelmäßigkeit aber dennoch eine zarte Zurückhaltung aufweisen, stellt ein metaphorisches Gegenüber zu der inhaltlichen Thematik in Thea Mantwills Arbeitsprozess dar.

Als Beobachterin des eigenen Vorgartens dokumentiert und sammelt sie Notizen und Erinnerungen gewachsener und erarbeiteter Erlebnisse und Gedanken. Hier und da pflanzt sie etwas ein, das sowohl sie als auch uns umgreifen und besetzen möchte. Es wabert als etwas mächtiges und weit verzweigtes im Untergrund, das architektonische Strukturen schon längst unterwandert hat - etwas, das darüber hinaus in uns keimt und alte verkalkte herrschaftliche Versorgungsleitungen durchbohrt, zum Platzen bringt und sich an deren Leck labt. Gleichzeitig ist es etwas, das uns liebevoll umarmt und wie ein sich entwickelndes Baby im Bauch mit der größtmöglichen Zärtlichkeit und Wärme in unser Leben eingreifen möchte, um sich selbst zu erhalten und wachsen zu können.

Thea Mantwills Slogan „I want my body to be / a vessel full a poetry“ ist der Ausdruck jenes Bedürfnisses, den Körper von innen heraus als von außen betrachtet zu denken. Als ein Unterfangen der Rückeroberung des Körpers mittels einer inneren Befüllung, aber auch der umliegenden Objekte und Räume, beschreibt sie Situationen. Mit Installationen, Fahnen, Fotocollagen, Texten und Zeichnungen greift sie in ihre Umwelt ein. In ihren Arbeiten werden Räume verflacht, überlagert, Gegenstände integriert und mittels Farbe und Poesie beseelt. Ein Sticker mit Mantwills Slogan klebt auf einem Stromkasten und lässt „ihn“ seine Sehnsucht zum Ausdruck bringen, ein geradezu belebtes Gefäß zu sein. Ebenso wiegt die Fahne in Pink im Wind, sexy angeschmiegt am rötlich glänzendem Kupferrohr unter blauem Licht, scheint sie etwas Wesentliches verkünden zu wollen.

Dem Setzen einer Fahne oder dem Aufstellen eines Banners ist der aggressive Akt immanent, welcher anprangert und vereinnahmt. Thea Mantwill hingegen erobert ihren (urbanen) Raum in aller Stille. Sorgfältig wählt sie Bildelemente aus, kombiniert und arrangiert Szenerien, welche impulsgebend sind für ein Denken über eine fürsorgliche Widersetzung gegen stilisierte Zuschreibungen.

Text: Nadjana Mohr