Eine Auswahl der Serie "Tapetensprüche" von Charlotte Pohle ist ab Anfang Dezember für zwei Monate an den Kölner Kunstsäulen zu sehen. Fotografien einer Person, die vor ihrem Körper ein Stück Tapete in die Höhe hält. Darauf sind mit einer spontanen Anmutung Sätze geschrieben wie "Entspann Dich mal!", "Du bist so naiv!", "Hab Dich mal nicht so!" und "Dass Du Dich nicht schämst!", "Das bringt doch eh nichts!" oder "Träum weiter!".

Die Werkserie umfasst insgesamt mehr als 100 Stücke und ist für den öffentlichen Raum konzipiert worden. Viele der Sprüche kennt die Künstlerin aus ihrer Kindheit und Jugend. Andere notierten Personen aus ihrem Umfeld für sie.

"Ich war sehr wütend auf die Personen, die mich erzogen haben. Ich begann Sätze aus meiner Kindheit, aus alten Beziehungen und aus dem Leben meiner Mitmenschen zu sammeln. Alle konnten etwas dazu sagen." So berichtet die Künstlerin. Was all diesen Sätzen zugrunde liegt, ist der Versuch, dem Gegenüber ohne Empathie zu vermitteln, was er zu tun, zu lassen oder zu denken hat. Die meisten von uns kennen diese Sätze, kaum jemand hat sie nicht als Jugendliche*r gehört.

Die "gut" gemeinten Ratschläge anstelle von aufrichtigem Interesse am Gegenüber konstruieren eine Hierarchie zwischen einer Person, die sich in ihren Gefühlen und Bedürfnissen verletzlich und durchlässig zeigt und einer anderen, die diesem Umstand unangemessen begegnet. Es fehlt das Interesse, wie es der Adressatin oder dem Adressaten wirklich geht und damit einhergehend auch die Unterstützung, den Wunsch des Gegenübers zu verstehen und sie oder ihn in seinen Wünschen und Absichten zu bestärken.

Die Künstlerin benutzt Tapete in unterschiedlichen Strukturen und Farben als Sinnbild für den Wunsch nach Wohnlichkeit und Behaglichkeit. Fehlt aber eine liebevolle und lebendige Kommunikation, wird die Idee eines wohnlichen Zuhauses von kitschigen Wohntraumhüllen ausgehöhlt und kippt ins Spießige. Mit der Ausstellung der Sprüche auf Litfaßsäulen verlassen sie die Wohnzimmer, treten in die Öffentlichkeit und regen zur Diskussion an, sollen Normen und Rollen hinterfragen und vor allem eine Basis für Gespräche und Begegnungen schaffen.