Das Konzept kultureller Aneignung ist zuletzt Gegenstand einer hitzigen Debatte geworden. Die freie, spielerische Praxis des Übertragens und Zitierens von Texten aus „anderen“ Kultu- ren, die bisher als rein ästhetischer, irgendwie postmoderner Kunstgri galt, wird unversehens als Ausbeutung entlarvt. Eine weiße, domi- nante Mehrheit, so heißt es, nimmt sich, was ihr gefällt – zum Nachteil von indigenen Stimmen, People of Color und anderen, die kulturell und politisch unterdrückt werden.

Wir wenden uns hingegen einer anderen, von den aktuellen Diskussionen überschatte- ten Seite dieser Geschichte zu: der Strategie der kulturellen Gegenaneignung, die sich die Unterprivilegierten im postkolonialen Afrika oder im Europa der Migranten sowie jene am Rande Europas in der ehemals sozialistischen Welt zunutze machen. Die Diebe, Fälscher und widerständigen Akteure der Aneignung in dieser Ausstellung zeigen, dass das „Stehlen vom Westen“ und das Fälschen seiner Hoch- glanzprodukte kein Zeichen verspäteter Ent- wicklung ist. Im Gegenteil, handelt es sich doch hier um ein mächtiges Werkzeug des kulturellen Widerstands und ein Instrument postkolonialer Vergeltung. Gleichzeitig macht diese Strategie klar, dass jegliche „Hochkultur“, von Millionen Sklaven und kolonial Unterworfenen mit ihrem Leben bezahlt, nicht nur privilegierten Weißen gehört, sondern allen.